Lobbyistin für würdige Arbeit
Lobbyistin für würdige Arbeit
Die SPÖ Oberösterreich sorgt mit ihrer Kampagne für Aufsehen. So manchen scheint es gar nicht zu
passen, wenn würdige Arbeit und gute Arbeitsbedingungen für die oberösterreichischen Arbeitnehmer/
innen eingefordert werden und Klartext gesprochen wird. Die SPÖ Vorsitzende Birgit Gerstorfer
fühlt sich bestärkt, weiter am Thema dran zu bleiben.
WAS HEISST WÜRDIGE ARBEIT FÜR DICH? Würdige Arbeit ist eine Frage der Rahmenbedingungen. Einige haben gar keine Arbeit und andere sind im Beruf völlig überlastet. Innerhalb der letzten 20 Jahre ist die Anzahl der Krankenstandstage durch psychische Erkrankungen um 2,6 Millionen gestiegen. Immer mehr berufstätige OberösterreicherInnen spüren eine wachsende psychische Belastung durch schlechte Arbeitsbedingungen. Das geht quer durch alle Branchen. Vom LKW-Fahrer über Pflegekräfte und MitarbeiterInnen in der Gastronomie bis zu GeschäftsführerInnen. Dieser Umstand macht mich krank.
EIN WICHTIGER PUNKT IST DIR DIE ANHEBUNG DER MINDESTLÖHNE. Dank der SPÖ geht beim Mindestlohn schon jetzt einiges weiter. Die Kollektivvertragsverhandlungen haben bereits in einigen Branchen wesentliche Erfolge gebracht. Dennoch verdienen in Oberösterreich 30.000 Personen brutto weniger als 1.500 Euro bei Vollzeit. Das ist nicht hinnehmbar. Arbeit darf in einem Land wie Österreich nicht weniger als 8,62 Euro in der Stunde wert sein. Das ist für mich auch eine frauenpolitische Debatte, denn geringe Löhne treffen überwiegend Frauen. Wenn Oberösterreicherinnen 23 % weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen, dann ist es meine P icht für die Gleichstellung zu kämpfen.
VEREINBARKEIT VON FAMILIE UND BERUF, WIE KANN DIE POLITIK DA HELFEN? In vielen Unternehmen gibt es die Forderung nach einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Ich sage gerne Ja zur Flexibilität, aber sie kann keine Einbahnstraße sein. 610.000 Menschen in Österreich wollen gerne einige Stunden weniger arbeiten. Gleichzeitig gibt es alleine 450.000 Frauen in Teilzeit, die gerne mehr arbeiten würden. In Summe haben wir also mehr als 1 Million berufstätige ÖsterreicherInnen, die mit ihrer Arbeitszeit unzufrieden sind. Da gilt es Arbeitszeitmodelle zu vereinbaren, die sich an den jeweiligen Lebensphasen orientieren.
WIE SIEHT ES IN OBERÖSTERREICH MIT DER KINDERBETREUUNG AUS? Leider hat OÖ nach wie vor einen enormen Aufholbedarf, ganz besonders bei der Betreuung von Kindern unter 3 Jahren. Im Ausbau ist in den vergangenen Jahren zu wenig weitergegangen. Man kann von ArbeitnehmerInnen nicht Flexibilität fordern und gleichzeitig einen Kindergarten um 12 Uhr Mittag zusperren. Das wird schlicht und ergreifend nicht funktionieren und ist der Grund, warum gerade in Oberösterreich so viele Frauen Teilzeit arbeiten. Ich will in Oberösterreich einen Rechtsanspruch auf einen beitragsfreien Kinderbetreuungsplatz für alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr realisieren. Erst wenn es diesen Rechtsanspruch gibt, dann haben Eltern eine echte Wahlfreiheit und sie haben Planungssicherheit.
Solange fast jede achte ArbeitnehmerIn im Krankenstand gekündigt wird kann ich nicht ruhig bleiben!« Birgit Gerstorfer